Ein Hospiz in Hermannstadt

 

Vor kurzer Zeit ist eine unserer Patientinnen verstorben, die wohl am ehesten die Menschen vertrat, für die das Hospiz gebaut wurde.

Sie war aus einem kleinen Dorf mit Magenbeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert worden. Während einer OP stellte man fortgeschrittenen Magenkrebs fest. Eine Welt brach für sie zusammen. Ihr 17jähriger Sohn blieb allein zurück, denn der Vater lebte seit Jahren nicht mehr und weitere Verwandte gab es nicht.

Die Gemeinde, aus der sie kam, rief bei uns an, um sie für das Hospiz vormerken zu lassen. Die Krankheit, die soziale und dörfliche Situation stellten sie vor unlösbare Aufgaben und mit der Übernahme einer Pflege wären die Gemeindemitglieder überfordert gewesen. So kam Frau Tonch zu uns und erholte sich ein wenig, doch die Trauer über das Ende ihres Lebenswegs machte ihr jeden Versuch, sich zu fangen, wieder zunichte. Außerdem sollte der Sohn am Pfnigstmontag in Gross-Schenk konfirmiert werden und sie war nicht zuhause! Es war verständlich, dass sie als Mutter an diesem Ereignis teilhaben wollte. Da es ihr zu der Zeit gesundheitlich etwas besser ging, meinten wir sie für einen Tag beurlauben zu können. Die Gemeinde schickte ein Auto, die Fahrt bezahlten wir. Es sollte ein schöner Tag werden, an dem sie glücklich war. Der Umstand, dass sie ihr Krankenhaus-Nachthemd trug, stellte kein Problem dar, Frau Tonch wählte mit ihrer Pflegerin einen Rock und eine Bluse aus. Sie genoss es sichtlich und freute sich auf diesen Tag. Der Sohn sollte nicht alleine zum Abendmahl gehen.

Der Tag war schön und traurig zugleich. Sehr bewusst verabschiedete sich Frau Tonch von den Nachbarn, dem Haus und ihrem Sohn... Im Hospiz sagte sie kaum noch etwas. Gedankenverloren hing sie diesem Tag noch lange nach.

Als die Last der Krankheit schwerer wurde, ist sie noch einmal sehr unruhig gewesen. Sie bat um eine Zigarette. Während sie zufrieden und zusammen mit einem Pfleger 'ihre Zigarette' rauchte, sagte sie sehr bestimmt: "Die Kleider, die ich bei der Konfirmation getragen habe, sollt ihr mir anziehen, wenn es zuende geht. Es war für meinen Sohn ein guter Tag!"

Diesen letzten Wunsch haben wir ihr gern erfüllt.

 

 

Diese Geschichte einer Patientin ist eine unter vielen. Doch manchmal ist es weitaus komplizierter, aufkommende Probleme zu lösen...

Herr F. wartete sehnsüchtig seit Tagen auf seine Frau und die beiden Kinder. Telefonisch konnten wir sie nicht erreichen. Seine Zeit war bereits knapp bemessen. So suchten wir die Familie zuhause auf, in einer baufälligen Hütte am Rande der Stadt. Sie waren dort, die Frau, die Kinder. Sie erschraken, als sie uns sahen. Die Frau hatte Tränen in den Augen: Wir haben kein Geld für einen Sarg und für eine Grabstelle. Wie sollten wir ihm das sagen?

Dass wir dann aus Spenden diesen Familien helfen können, damit auch 'die letzten Dinge' in Würde zuende gebracht werden können, erfüllt uns immer wieder mit Dankbarkeit. Das Hospiz könnte in vielen Dingen diese Hilfe nicht leisten, wenn uns dabei durch Spenden nicht geholfen würde. Es sind die vielen kleinen Dinge, die nicht über die Krankenkasse geregelt werden können und wo die Sozialbehörden kein Geld für Menschen am Lebensende investieren. Letztlich sind es aber oft jene Situationen, die entscheiden, wie das Leben im Hospiz gelebt werden kann.

 

Viele Grüße aus Hermannstadt

 

Ortrun Rhein